aussichten: 42,195
             
             
   
  
     
         
             
      42,195      
             
 
 
Das ist natürlich eine ganz willkürliche Zahl. Sie hat etwas mit der Distanz zwischen Marathon und Athen zu tun, die ein griechischer Bote vor 2500 Jahren im Lauf zurücklegte, und auch ein bisschen mit der britischen Königsfamilie: Denn 1908 legte man diese Kilometerzahl fest, um beim olympischen Marathonlauf in London die Strecke von Schloss Windsor bis ins Wembley-Stadion führen zu können.

 

     
     

 

     
     

Seitdem ist das die offizielle Marathondistanz. Und wie das so mit willkürlichen Dingen ist, tut man sich nicht immer leicht damit, andere Zeitgenossen von ihrem tieferen Sinn zu überzeugen.

Deshalb verzichte ich auch auf diesen Versuch, versprochen. Ohnehin sind die meisten von uns die weit überwiegende Zeit des Tages von dem Zwang umfangen, möglichst viel Sinn aus allem herauszuwirtschaften, sich um dringende, dringendere oder unbedingt sofort zu erledigende Dinge zu kümmern. Viele finden ihren Gegenpol in Fernsehunterhaltung, wie sie entbehrlicher und nicht sein könnte.

Läuft man aber, so befasst man sich ohne Zwang mit Unmittelbarkeiten. Dem Wetter. Dem Wind. Dem Untergrund. Hindernissen vielleicht. Dem eigenen Körper natürlich, hier vor allem: Mit der Atmung. Läuft man länger, dann hört der Fluss der Gedanken im Kopf auf, sich mit all den dringenden und dringenderen Dingen zu beschäftigen. Überfordert man sich nicht und verzichtet auf Ablenkungen, stellt sich bisweilen ein Geisteszustand ein, der dem bei einer Meditation ähnlich ist.

Deshalb muss man natürlich nicht laufen; es gibt unzählige vergleichbare Aktivitäten. Und schon gar nicht muss man Marathon laufen. Aber ich tue es, weil es bei aller Anstrengung vieles gibt, was mir daran gefällt:

- Der Gegensatz der Spannung davor mit der völligen Entspannung danach.
- Sich ein Ziel setzen, es über Monate nicht aus dem Blick verlieren, und es erreichen.
- Bei jedem Wetter laufen und sich daran gewöhnen. Den eigenen Körper spüren und kennen.
- Entspannt ein Tempo laufen, das anfangs unerreichbar schien.
- Erleben, was der Wille ausmachen kann, und erkennen, wo dessen Grenzen liegen.
- Den Komfortbereich verlassen außerhalb dessen man neue Erfahrungen macht.
- Strecken ohne Hilfsmittel zurücklegen und dabei Distanz und Umgebung mit anderen Augen sehen.
- Während des Rennens gegenseitig Respekt zeigen, anspornen und angespornt werden.
- Sein Bestes geben, ohne sich einen materiellen Lohn zu erwarten.

 

     
     
Nicht jeder sollte unbedingt Marathon laufen. Aber ich glaube, es gibt niemanden, der nicht davon profitieren würde, etwas zu tun, das sich auf diese Weise beschreiben lässt.