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Im Anflug auf Tokio Narita

 

 

Frühmorgendlicher Anflug auf Wien

 

 

Unbeteiligt und doch irgendwie eindringlich ruft im Cockpit moderner Passagierflugzeuge eine Tonbandstimme während der Sekunden vor dem Aufsetzen die Höhe über dem Boden aus. Aber sieht man von dieser Hilfe ab, so sind bei einer Landung von Hand auf den letzten Metern Anzeigen, Instrumente und Elektronik nur mehr Beiwerk. Was zählt ist das Augenmaß, die Erfahrung und das Gefühl. Gerade das macht den Reiz jeder Landung aus: Etwas, das nicht nur Piloten spüren und empfinden.

Natürlich ist eine Rückkehr auf die Erde ein Routinemanöver, das unter allen zulässigen Wetterbedingungen innerhalb festgelegter Grenzwerte durchgeführt werden kann. Sind die Mindestanforderungen hinsichtlich Wind und Sicht nicht erfüllt, oder gibt es auch nur geringe Zweifel am positiven Ausgang, dann wird gegebenenfalls zu einem anderen Flugplatz ausgewichen. Trotzdem ist der genaue Ablauf immer wieder unterschiedlich: Viele Faktoren spielen eine Rolle, und so hat jeder Anflug, jede Landung ein bisschen Premierencharakter.


Da ist zunächst einmal das Wetter - und dabei vor allem der Wind. Gelandet wird idealerweise gegen den Wind, weil dann das Flugzeug - im Verhältnis zum Boden - langsamer anfliegen kann und damit einen kürzeren Bremsweg benötigt. In den letzten Sekunden vor dem Aufsetzen entscheidet der optische Eindruck, und der ist abhängig von vielen Dingen: Von der Breite, der Neigung, sogar der Farbe des Belags der Landebahn. Nicht zu vergessen sind natürlich auch Lichtverhältnisse und Sichtweite.

Dann ist da noch das Flugzeug selbst: Ist es schwer, so wird durch die Masseträgheit die Geschwindigkeit langsamer abgebaut, und damit ist das Verhalten in der letzten Phase vor dem Aufsetzen besser kalkulierbar - eine voll beladene Maschine erleichtert eine sanfte Ankunft.

Was macht eine gute Landung aus? Sie muss in einer genau definierten und gekennzeichneten Aufsetzzone stattfinden - möglichst noch in ihrer ersten Hälfte. Auf der Mittellinie sollte das Bugrad den Boden berühren sein, aber nicht vor oder gleichzeitig mit dem Hauptfahrwerk. Das Flugzeug darf nicht zu schnell sein, denn das verlängert den Bremsweg und belastet Reifen und Bremsen. Die Flugzeuglängsachse ist hinreichend genau in Richtung Landebahn auszurichten, was bei starkem Seitenwind zu einer komplexen Aufgabe werden kann. Die Liste lässt sich fortsetzen, nur einen Punkt wird man nicht finden: Eine "weiche" Landung ist nicht gefordert und unter bestimmten Umständen nicht einmal erwünscht.

Trotzdem gibt es wohl nur wenige Piloten, die sich nicht darum bemühen, die Rückkehr zur Erde so angenehm wie möglich zu gestalten, sofern die Bedingungen es erlauben und wichtigere Faktoren nicht beeinträchtigt werden. Schließlich, nicht zu vergessen, sind da ja noch die Passagiere. Für viele von ihnen ist die Landung, für manche auch der ganze Flug, nur dann akzeptabel, wenn keine Gefahr besteht, beim Aufsetzen in der Morgenzeitung die Zeile zu verlieren.

Das trifft zwar nicht den Kern der Sache, ist aber, für den, dem sich nur den Blick zur Seite bietet, der einzige Anhaltspunkt für die Qualität seiner Beförderung. Und gerade jene Passagiere, die sich in der Luft nicht allzu wohl fühlen, werden das Bemühen um eine sanfte Rückkehr zur Erde besonders zu schätzen wissen.


Nicht jeder Flug kann mit einer weichen Landung enden, und wenn es mal nicht ganz so gut funktioniert, denke ich an einen einst beobachteten, missglückten Vogelanflug: Ein stolzer Kranich schwebt mit elegant gestrecktem Hals ein, spreizt die Federn, wird langsamer, verschätzt sich - und landet wie ein nasser Sack halb auf einem verdutzten Artgenossen. Hektisch wendet er den Kopf ein paarmal hin und her. Um sich dann, in dem Versuch, so zu tun, als sei nichts geschehen, mit Inbrunst einer gründlichen Neuordnung seines ohnehin schon makellosen Gefieders zu widmen.
Ein trostreiches Bild.